Fashion Week Berlin
Die Fashion Week war dieses Mal anders. Sie ist zwar jedes Mal anders, aber letzte Woche ist auch einiges schief gegangen und ich bin generell skeptischer als zuvor nach Berlin gefahren.
Angefangen hat es damit, dass einige dieses Mal nicht dabei waren und sich bewusst gegen Berlin entschieden haben, weil die vielen Shows und Events von Oberflächlichkeit geprägt sind, man selbst immer und immer wieder für seiner Followerzahl abgestempelt wird, sich ausschließlich darüber unterhält, welche Kooperationen man für die FW hat und wie voll der Terminkalender ist. Denn umso stressiger alles ist, desto „wichtiger“ ist man auch. Es steckt einfach sehr viel Fake hinter all dem und danach braucht man einige Tage um wieder klar zu kommen und sich nicht total unbedeutend und minderwertig zu fühlen. Denn nein, nicht jeder bekommt die heißesten Designer Bags geschenkt, wird für jede Show ausgestattet und hat so viele Looks zur Auswahl, um sich 5x am Tag umziehen zu können/müssen.
Location Problem
Die neue Location hat diese Situation leider nur unterstützt. Draußen war ein riesen großer, roter Teppich aufgebaut, dort tummelten sich die Fotografen um von allen großen Bloggern und (A)-Z Promis Fotos zu machen. Alle anderen hatten gar keine Chance wenigstens angeguckt zu werden, egal wie toll ein Look aussah. Wenn derjenige nicht schon ansatzweise bekannt ist, besteht kein Interesse. Bei der alten Location, dem Kaufhaus Jahndorf, gab es ebenfalls einen roten Teppich, allerdings erst im Gebäude. Somit tummelten sich die Streetstyle Fotografen allesamt draußen und haben sich auf diejenigen gestürzt, die wirklich cool aussahen. Auf einem Event habe ich einen Fotografen beobachtet, der mehrere Zettel mit Gesichtern in der Hand hielt, Moderatoren, Models, Schauspieler etc. Genau diese Leute hat er fotografiert und versucht zu finden, alle anderen standen gar nicht erst zur Wahl. Ich weiß gar nicht was schlimmer ist: fotografiert zu werden nur weil man auf diesem Zettel steht und in geringfügiger Weise bekannt ist (auch wenn man nichts mit Mode am Hut hat) oder nicht fotografiert zu werden nur weil man nicht auf diesem Zettel steht.
Fake Accounts
Man fragt sich während der FW oft, wofür man das alles überhaupt tut, wenn es in diesem Moment ja eigentlich überhaupt nicht wertgeschätzt wird und der Arbeit keine Anerkennung geschenkt wird. Und das nicht, weil man nicht selbst überzeugt ist von dem was man tut, sondern weil es einem dort so vermittelt wird und man das Gefühl bekommt ein Niemand zu sein. Was totaler Schwachsinn ist, weil man kein Niemand sein kann, wenn man sich selbst treu bleibt und Persönlichkeit zeigt. Und genau das ist mittlerweile gar nicht mehr so selbstverständlich in dieser Branche wie es eigentlich sein sollte. Es wird so viel kopiert, gekauft und gefälscht, was eigentlich gar nicht nötig wäre, um sich absetzten zu können. Ich möchte jetzt keinen langen Absatz über gekaufte Follower und Fake Profile schreiben, da das Thema eh in den letzten Monaten tausend Mal durchgekaut wurde und das auf jeden Fall zu Recht! Ich würde mir einfach wünschen, dass Firmen noch stärker darauf achten, wenn sie Kooperationsanfragen versenden. Und es ist sooo einfach: beispielsweise auf socialblade.com kann man jeden Instagram Namen eingeben und bekommt sofort eine Grafik ausgespuckt. Wenn diese gerade ansteigt, mit leichten Kurven, ist alles in Ordnung. Wenn dieser Graph aber ausschlägt und ein reines Zickzack Muster hinterlässt, dann kann diese Person nur nachgeholfen haben. Leider sehe ich immer wieder Accounts, die ständig Werbung posten, dessen Follower aber nur zum Teil aus „echten“ Abonnenten bestehen. Xenia hatte dieses Thema auch letztens kurz in ihren Insta Stories erwähnt und ich finde es auch immer wieder so niederschmetternd. Man selbst steckt so enorm viel Arbeit in seinen Account, hat sich alles bisher hart erarbeitet und muss dann mit ansehen, dass jemand, der seine Follower, wie auch immer, gekauft hat, die gleichen Anfragen oder sogar bessere Deals abbekommt. Dabei ist es doch so einfach kurz nachzuschauen und herauszufinden, was wirklich hinter der Fassade steckt. Ich würde mich niemals auf eine Stufe mit Caro Daur oder Xenia stellen wollen, davon bin ich noch meilenweit entfernt und muss noch ganz viel dazulernen, aber die Tatsache, dass man anhand der Follower und nicht anhand der Persönlichkeit und dem Content, der hinter jedem Account steckt, bewertet wird, finde ich einfach nur traurig und falsch.
FOMO
Es ist erst mein zweites Jahr auf der Fashion Week, weshalb ich glaube, dass ich es die ersten beiden Male noch gar nicht richtig wahrgenommen habe, was alles um mich herum passiert und wie der Hase läuft. Die liebe Jecky von WANTGETREPEAT hat bereits einen ganz tollen und kritischen Artikel darüber geschrieben, warum sie nicht zur FW gefahren ist. Ihre Worte blieben die ganze Woche über in meinem Kopf hängen und ich habe mehr und mehr gemerkt, wie wahr all das ist. Übrigens zu ihrem Punkt FOMO, aka „The fear of missing out“: man hat nicht nur das Gefühl etwas Weltbewegendes zu verpassen, wenn man nicht auf der Fashion Week ist. Man hat FOMO genauso, wenn man vor Ort ist! Da so unglaublich vieles zeitgleich stattfindet und man sich im Vorhinein entscheiden muss, hat man jeden Tag über das Gefühl oder die Angst auf dem falschen Event zu sein bzw. nicht zur richtigen Zeit da zu sein, denn ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie wichtig es ist, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Die ganze Woche besteht also aus einem reinen Nervenzusammenbruch.
Show Einlass
Dazu kam dann noch, dass noch nicht einmal jeder, der eine offizielle Einladung hatte, auch wirklich zur Show reingekommen ist. Ich weiß nicht warum, aber in den jeweiligen Instagram Stories musste ich immer wieder mit ansehen, wie Blogger einfach draußen in der Kälte stehen gelassen wurden, obwohl sie eine Einladung vorzeigen konnten. Es sei alles voll, so hieß es. Soll das jetzt heißen, dass man sich noch nicht einmal mehr auf eine Akkreditierungsbestätigung verlassen kann und nach Berlin fahren soll, um zu hoffen, zur Show reingelassen zu werden?
Leider mussten alle Gäste vor Showbeginn im Zwischengang zur Location warten, bis der Einlass beginnt. Und das noch nach offiziellem Showbeginn! Jede Show hat mindestens eine halbe Stunde später angefangen, somit standen wir alle gute 20 Minuten draußen, die meisten sogar länger. Wenn man früh genug dran war, hatte man Glück und konnte sich in den Zwischengang so reinquetschen, dass man nicht einmal mehr die Arme hochheben konnte. Wenn man Pech hatte und etwas knapper dran war (was ja gar nicht knapp war, weil die Shows eh erst 30 min später angefangen haben), stand man draußen im kompletten Windzug und hat den Regen abbekommen.
Fake Welt
Auf ein Event habe ich mich ganz besonders gefreut, da ich das erste Mal dort zu Gast war und ich es immer nur in den Stories der anderen verfolgen konnte. Warum die Blogger, denen ich gerne folgen und deren Content ich wirklich schätze, dieses Mal nicht da waren, hat sich ganz schnell gezeigt. Gerade habe ich davon geschrieben, dass man als kleinerer Blogger nicht wertgeschätzt wird, gar nicht beachtet wird und sich komplett unwichtig fühlt, auf diesem Event war es das komplette Gegenteil. 95% der Gesichter habe ich noch nie zuvor gesehen, geschweige denn die Namen gehört, aber jeder einzelne hat sich verhalten als wäre er der Größte und hätte nur das Beste verdient. In so einer enormen Fake Welt habe ich mich bisher noch nie befunden und ich wollte am liebsten gleich wieder umdrehen und zurück ins Taxi steigen. Das eigene Gefühl sagt einem schnell, ob man mit den Leuten auf einer Wellenlänge steht oder die Intentionen ganz andere Richtungen einschlagen. Ich möchte meine Leidenschaft zur Mode ausleben, coole Looks kreieren, mit meinen Lieblingsmarken kooperieren und um die Welt reisen. Ich möchte definitiv nicht in einem pinken Tüllkleid als Prinzessin verkleidet zu einem Event gehen, nur um aufzufallen. Von Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit euch gegenüber ist das meilenweit entfernt! Ganze 40 Minuten habe ich es dort ausgehalten, mehr fehl am Platz habe ich mich bisher noch nie gefühlt. Allerdings hat es auch etwas Gutes: ich weiß jetzt, dass ich auf dieses Event definitiv nicht mehr möchte!
Abschluss
Ich möchte jetzt keineswegs alles schlecht reden, denn natürlich gab es auch wieder total schöne Momente, die es durchaus Wert sind, dass man die negativen Aspekte in Kauf nimmt. Die RIANI Show beispielsweise war ein absolutes Highlight, als Bausa auf einmal die Show eröffnete und gefühlt alle im Raum aufgeschrien haben 🙂 Außerdem ist es toll, die Gelegenheit zu bekommen, sich mit tollen Persönlichkeiten zu unterhalten, die man nur aus dem TV oder von Instagram kennt und ansonsten auch keine Möglichkeit hat, ihnen im Alltag über den Weg zu laufen. Die schönsten Momente könnt ihr euch übrigens noch in meinen Highlights auf Instagram anschauen 🙂
Ich bin generell ein Mensch, der aus dem noch so negativen Moment mindestens auch einen positiven Gedanken mitnimmt, denn aus jeder Situation kann man etwas lernen und Inspiration sammeln um weiter an sich zu arbeiten und immer besser zu werden. Und ganz ehrlich: es ist zwar toll die ganzen Shows auf Insta Stories ansehen zu können und das Gefühl zu haben selbst dabei zu sein. Aber wenn man wirklich vor Ort ist, das ist noch einmal etwas komplett anderes! Diese ganze Atmosphäre, die Reaktionen der Leute, man kann es einfach nicht beschreiben, wie schön es ist, ein Teil dieser Momente sein zu dürfen. Und genau das ist es doch, wofür sich die harte Arbeit und die wochenlange Planung lohnen. Und natürlich werde ich auch auf der nächsten FW in Berlin dabei sein, denn zu sehr liebe ich diesen Trubel einfach 🙂 Allerdings weiß ich mittlerweile welche Events sich wirklich lohnen und das aussagen, was mit meinen Intentionen übereinstimmt. Für den Sommer werde ich da noch strikter sein und auch dann werden wahrscheinlich wieder neue Erkenntnisse dazukommen, wie ich das nächste Mal wiederum besser gestalten kann. Es ist ein andauernder Prozess aus Erleben und Lernen und ich bin froh über jede Erfahrung, auch die Negativen!